Erlanger Tagblatt zu dem Konzert am 14. Januar in Erlangen

 

Programm nach Maß

Jubiläumskonzert des gVe zum 125-jährigen Bestehen - Uraufführung

Es war ein mit Spannung erwarteter letztendlich glänzender und würdiger Abend. Der gVe, Erlangens dienstältester und größter Kulturveranstalter mit Schwerpunkt Musik feierte seinen 125. Geburtstag. Und viele waren gekommen aus Politik, Kirche, Kultur und Universität, Mitglieder, Freunde und Förderer, dieses Ereignis mitzufeiern. Ruprecht Kamlah, der erste Vorsitzende des sich ehrenamtlich engagierenden Vereins zog in seinem Grußwort launig Bilanz, verwies auf das Publikum und die Mitglieder, die den gVe - einer Frischzellentherapie gleich - über die Jahrzehnte lebendig erhalten.

Das Geburtstagspräsent brachte das dem Kammerstatus längst entwachsene, mit einigen Gästen noch aufgewertete Erlanger Kammerorchester unter der Leitung von Ulrich Kobilke mit einem prachtvoll gelungenen Symphoniekonzert. Da war alles da, was den gVe-Kriterien entsprach: Ein strahlender Solist von Weltrang, ein Orchester, das auch hohen Ansprüchen gerecht wird, ein Programm, das der Tradition huldigt und der Moderne - mit einer Auftragskomposition - Tribut zollt. Zudem zeigte es die fördernde Verbundenheit zu Erlanger Musikern und zu begabtem Nachwuchs.

Tonschön und Flexibel

Heikel, eine Mozartsinfonie an den Beginn zu setzen. Doch die bewährte Laiencrew war mit den ersten Takten präsent, musizierte inspiriert, tonschön und flexibel, wurde mit filigraner Stimmführung dem kammermusikalischen Duktus des liebenswürdigen A-Dur-Opus KV 201 empfindsam gerecht. Kobilke setzte auf Genauigkeit und Liebe zum Detail. Daneben ließ er (nach Alfred Brendel) eine gewisse Art von Lässigkeit zu, die den mozartschen Charme und augenzwinkernden Witz so recht zum Sprechen und Klingen bringt.

Dass das Zusammenspiel mit einem großen Künstler nicht nur Anspannung bedeutet, sondern auch Freude bringt, wurde bei Joseph Haydns zweitem Cello-Konzert spürbar. Cellist und Orchester verstanden sich gut. Boris Pergamenschikow, der in der letzten gVe-Konzertsaison im Tetzlaff-Quartett aufhorchen ließ, faszinierte jetzt als Solist mit einer in allen Lagen wundervoll kantablen, leuchtend-sonoren Tongebung und im atemberaubend dichtesten und virtuosesten Gewusel auf den Saiten seines Montagnana-Instruments von 1743 (er spielt auch ein neues aus Bubenreuth), durch überlegte und überlegen artikulierte Klarheit. Da war Haydn gegeben, was ihm gebührt.

Bach als Zugabe

Mit zwei Konzertstücken im Serenadenton entbot der Weltstar aus St. Petersburg in Übereinstimmung mit dem EKO seinem Landsmann Alexander Glasunov empfindsame Reverenz. Für die jubelnde Begeisterung dankte er mit einer nachdenklichen Bach-Zugabe.

Im Mittelpunkt des Abends stand die erfolgreiche Uraufführung. Der Auftrag war an Rainer Rubbert, Jahrgang 1957, gegangen, der die ersten elf Jahre in Erlangen verbrachte, die Ausbildung in Berlin erhielt und von da aus für sein Schaffen mit renommierten Preisen aus dem In- und Ausland ausgezeichnet wurde.

Für den gVe hatte er "Gegenwelten" komponiert, ein Opus, das von scheinbaren Gegensätzen, strengen und amorphen Strukturen und aphoristischer Klangrede bestimmt ist und durch den elegischen Grundton etwas von dem Flair seiner Filmmusiken ausstrahlt.

Ulrich Kobilke ließ die erste symphonische Partitur Rubberts subtil ausleuchten, führte einfühlsame Klangregie und Koordination der differenzierten Verläufe, bei denen auch die Orchestersolisten Profil zeigen konnten. Zu erleben und zu goutieren war eine farbig changierende Klangwelt zwischen Konstruktion und Emotion, Realität und Traum.

Der anwesende Komponist, das Erlanger Kammerorchester und nicht zuletzt der jubilierende gVe wurden herzlich gefeiert.

SILKE ZIETEN

eko.xml: Sa, 29. Mai 2004