Zeitungskritik EN zum Konzert am 30. November 2004 in Erlangen

 

Schwungvoller Genuss

Das gelungene Konzert des Erlanger Kammerorchesters

Die Vorfreude auf das Herbstkonzert des Erlanger Kammerorchesters im Redoutensaal fand ihren Ausdruck bereits im bekannt schwungvollen Auftritt seines Dirigenten Ulrich Kobilke. Dieser hatte mit seinen Musikern ein postmodernes Concerto Grosso von Karl Jenkins (geb. 1944) erarbeitet, dessen erste Sequenz viele aus der TV-Werbung kennen. Der walisische Komponist, dem wir auch den Verkaufserfolg "Adiemus" verdanken, ist dennoch vielen Genießern seiner Werke gänzlich unbekannt.

Das Allegro seines "Palladio" beginnt mit ungeduldiger Spannung, erinnert spontan an Vivaldi (und den Werbespot), das Orchester verbreitet barocken Wohlklang in prickelnder Bewegung. Sehr gelungen die fahle, fast morbide Starre am Anfang des Largo, das sich, angeregt durch zarte, einfühlsame Soli aus der ersten und zweiten Geige, zu versammelter Vitalität entwickelt. Im flirrenden Vivace beweist das Orchester erst überzeugende Präzision, dann, nach der homogenen Steigerung aus intensivem Piano in den Pomp der Medici, die Disziplin effektvoller subito piani.

Nicht weit in die Ferne schweifen muss das EKO auf der Suche nach einem Solisten für das Konzert für Violine und Orchester Nr. 3 h-moll op. 61 von Camille Saint-Saëns, denn mit Konzertmeister Mathias Bock sitzt die erste Wahl bereits in den eigenen Reihen. Unangestrengt, mit warmem Ton lässt er Virtuosität aufblitzen und erhält in der Härte der Marcato-Stellen die nötige Weichheit. Liebevoll singt die Geige das Andantino, hochmusikalisch umspielt von einer Bläsergruppe, die mehr als Lupenreinheit und Pünktlichkeit beiträgt. Wie aus einer anderen Welt erklingt die luftige, durchsichtige Flageolett-Partie am innigen Ende des so anrührenden Satzes. Im furiosen Finale des Allegro non troppo setzt Mathias Bock dem Gewittersturm des Orchesters energischen Trotz entgegen, serviert souverän die technischen Höchstschwierigkeiten, die der Komponist für den seinerzeit unerreichten Virtuosen Pable de Sarasate eingebaut hat. Freudig formt Ulrich Kobilke das mitreißende Temperament seiner animierten Musiker in den dramatischen Tutti-Stellen, hymnisch lässt er den Bläserchoral erstrahlen. Unüberhörbare Spielfreude, für die sich der Solist mit einer Verbeugung vor "seinem" Orchester bedankt.

Ausbrüche der Spannung

Kontaktstark führt Kobilke in die "Unvollendete" Sinfonie Nr. 7 h-moll D759 von Franz Schubert. Keine Stimme lässt er allein, ist überall gleichzeitig, um Einsätze mit mit deutlichem Impuls zu präzisieren, die Ruhe vor plötzlichen Ausbrüchen mit Spannung aufzuladen. Herrlich tonschön wiegen die Celli das Thema, das Streicher und Bläser gleichermaßen wohl diponiert aufnehmen. Glanzpunkt des Andantes ist sicherlich das hinreißend dargebotene Oboen-Solo.

Liegt es an der leicht stumpfen Akustik des Redoutensaals, dass der Spannungsbogen gegen Ende der Sinfonie zeitweise erschlafft? Egal, denn sehr zu Recht feiert das Publikum den gebotenen Hörgenuss mit lang anhaltendem Applaus.

CORA UITTING

eko.xml: Do, 16. Dez 2004